Re: Warum prozessorientiert?
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by Wolfgang Horn
Re: Warum prozessorientiert? was created by Wolfgang Horn
Hallo zurück, Patrick,
ich bin kein Fachmann für Qualitätsfragen. Sondern, wie man auf die Art und Weise des Werner von Siemens und anderer herausragender Führungskräfte Vertrauen der Mitarbeiter gewinnt, Miteinander schafft und dann herausragende Produktivität und Ergebnisse erntet, und wie man die Kultur einer Gemeinschaft rational analysiert und gezielt gestaltet. (Wobei die größte Gefahr aus dem Verstoß gegen _1 KaKnG (Karriereknickgesetz) erwächst: "Keine Führungskraft führt auf Dauer deutlich besser als ihr Chef.")
Ich antworte auf Ihre Qualitätsfrage, weil sie mit einem "Ach, dazu ist das gut!" spätestens gelöst sein muß, bevor man Mitarbeiter überzeugen will, "prozeßorientiert" sei die bessere Lösung.
Denn die fragen natürlich: "Besser als was? Wir arbeiten doch bereits für den Kunden, oder? Sollten unsere Chefs unsere Arbeit bisher etwa falsch organisiert haben?" Und diese Chefs stellen diese Frage ganz gewiß auch, mit einem vielleicht nur unhörbaren, tiefen, gefährlichem Grollen in der Stimme, und wer da gegen _2 KaKnG verstößt ("Du sollst deine Kunden, deinen Chef, deine Kollegen, deine Mitarbeiter und deine Firma nicht gegen ihren Willen glücklich machen wollen!"), dessen Vorhaben endet allmählich im Treibsand des gekonnt zähen, nervenaufreibenden und unfaßbaren Widerstands.
Früher wurden Revolutionäre ans Kreuz genagelt, enthauptet oder erschossen. Heute läßt man sie im Treibsand vergehen, "schließt sie kurz" oder läßt sie im Zickzack laufen, bis sie ihre Richtung verloren haben und nur noch die Kosten auffallen, die sie verursachen.
Aus diesem Widerstand konnte und kann man aber einen Motor machen. Indem man diesen Personen zeigt, wie die revolutionäre Idee ihre Arbeit effizienter und sinnvoller macht. Wer das schafft, und viele schaffen es, aber zu wenige, dann ist er kein böser Revolutionär mehr, sondern ein guter und gefragter Mitarbeiter, Kollege oder Chef.
Die dazu notwendigen Argumente zu erarbeiten, in die Sprache und Welt der Zielgruppe zu bringen, das ist schwer und aufwendig.
Dazu mein kleiner Beitrag zu Ihrer Frage, Sie von Ihrer Schule für revolutionären Nachwuchs .
Erstens: Was bedeutet der Begriff Prozeßorientierung eigentlich in der Praxis?
(Ich halte mich gern an den Rat des Johann Tikart, der den Waagen-Hersteller Mettler-Toledo (Albstadt) seinerzeit aus tiefroten Zahlen an die Spitze der Renditeträger seiner Unternehmensgruppe führte:
"Begriffe, Argumente und Theorien sind nur Schall und Rauch. Es zählt nur das Gefühl, das entsteht bei der Vorstellung der konkreten Auswirkung des Arguments auf die Praxis." (J. Tikart))
Und da erlebe ich eine Zweideutigkeit:
1. "Prozeßorientiert" als den Prozeß der Entwicklung und Fertigung bis zum Kundenservice. Auf diesen Prozeß beziehe ich mich hier.
2. "Prozeßmanager" nennen sich aber auch Leute, die kleinere Handlungsfolgen gestalten wie beispielsweise Angebotsprozeß, sogar bis in die Fertigung hinein. Was früher die Vorarbeiter taten...
Prozeßorientiert, besser als was? Der Gegensatz ist wohl "Fachorientiert".
_Management ist der Beruf des Resultate-Erwirkens.“ (Prof. Malik, St. Gallen)
Im Wettbewerb haben nur die Firmen Aussicht auf Zukunft und Wachstum, die überdurchschnittliche Resultate liefern. Für Unternehmenseinheiten, Führungskräfte und Mitarbeiter gilt dasselbe. Banal, aber leicht verdrängt.
Unter den heutigen Umständen erlaubt die Prozeßorientierung eine produktivere Arbeitsgestaltung. So lange das im konkreten Einzelfall so ist, so lange ist "prozeßorientiert" besser. Aber Behauptung reicht nicht, es muß einleuchtend gezeigt werden.
In der Zeit des Wiederaufbaus und des Wirtschaftswunders waren "Kundenorientierung", "Prozeßorientierung" oder "Qualität" keine Schlagzeilen für Fachzeitschriften.
Denn mnan brauchte reden über etwas, das selbstverständlich war. Weil man es machte. Schließlich sollten die Schlote wieder rauchen. Wer sich nur fragt: "was muß ich machen für eine bessere persönliche Zukunft?" oder "was müssen wir machen für eine gemeinsame bessere Zukunft?", der findet von selbst: Sein Kunde muß ihn weiter empfehlen, und dazu muß die Ware gut sein. Seine Aktionäre müssen noch mehr Aktien kaufen wollen, und dafür müssen die Gewinne überdurchschnittlich sein. Und die Mitarbeiter müssen sich im Zweifelsfalle auch immer wieder entscheiden: "Bei der Firma bleibe ich." Und dazu muß bei einem unterdurchschnittlichen Gehalt die Zusammenarbeit weit sinnvoller sein und mehr Spaß machen als bei der Konkurrenz.
Wenn man allein daran denkt, ist das Finden der optimalen Form der Zusammenarbeit kein Problem.
Es ist aber üblich, mit den Fachabteilungen wie Vertrieb, Entwicklung, Vorserie, Produktion Ziele zu vereinbaren und Minimierung der Kosten zu fordern. Jede Führungskraft soll ihre Ziele erreichen, gut, bei minimalen Kosten, auch gut, koste es die Nachbarabteilungen, was diese nicht verhindern können - schlecht, denn es erzwingt Gegeneinander und verschlechtert die Produktivität der Zusammenarbeit.
Jetzt darf der Leiter der Abteilung A nichts mehr tun, was seiner Nachbarabteilung B helfen könnte, noch mehr Kosten einzusparen. Er darf es nicht.
Im Prozeß sind aber viele solcher Potentiale, die man einsparen könnte, denkt man prozeßorientiert: "Welche Kosten entstehen im gesamten Prozeß? Machen wir mal eine Liste. Was verursacht jeden teuren Punkt auf dieser Liste und was könnte man tun, damit die Zahl dort kleiner wird?" Dann erkennen wir, was A nur zu machen bräuchte, damit B mehr Kosten einsparen kann.
Damit hat man auch Argumente, wie der Erfolg der Investition von A auch fair aufgeteilt werden sollte auf A und B.
Das sehe ich als Vorteil der Prozeßorientierung.
Jetzt wird erkennbar, warum sie der Handwerker nicht einführen braucht. Er hat keine Kostenstellen.
Das Kostenstellendenken in großen Unternehmen ist sinnvoll, um Kostentreiber erkennen und eliminieren zu können. Der Preis dafür ist die gegenseitige Abschottung der Kostenstellen. Prozeßorientierung ist ein Mittel, diese Abschottung zu minimieren.
Ihre Frage im Wesentlichen beantwortet?
Ciao
Wolfgang Horn
ich bin kein Fachmann für Qualitätsfragen. Sondern, wie man auf die Art und Weise des Werner von Siemens und anderer herausragender Führungskräfte Vertrauen der Mitarbeiter gewinnt, Miteinander schafft und dann herausragende Produktivität und Ergebnisse erntet, und wie man die Kultur einer Gemeinschaft rational analysiert und gezielt gestaltet. (Wobei die größte Gefahr aus dem Verstoß gegen _1 KaKnG (Karriereknickgesetz) erwächst: "Keine Führungskraft führt auf Dauer deutlich besser als ihr Chef.")
Ich antworte auf Ihre Qualitätsfrage, weil sie mit einem "Ach, dazu ist das gut!" spätestens gelöst sein muß, bevor man Mitarbeiter überzeugen will, "prozeßorientiert" sei die bessere Lösung.
Denn die fragen natürlich: "Besser als was? Wir arbeiten doch bereits für den Kunden, oder? Sollten unsere Chefs unsere Arbeit bisher etwa falsch organisiert haben?" Und diese Chefs stellen diese Frage ganz gewiß auch, mit einem vielleicht nur unhörbaren, tiefen, gefährlichem Grollen in der Stimme, und wer da gegen _2 KaKnG verstößt ("Du sollst deine Kunden, deinen Chef, deine Kollegen, deine Mitarbeiter und deine Firma nicht gegen ihren Willen glücklich machen wollen!"), dessen Vorhaben endet allmählich im Treibsand des gekonnt zähen, nervenaufreibenden und unfaßbaren Widerstands.
Früher wurden Revolutionäre ans Kreuz genagelt, enthauptet oder erschossen. Heute läßt man sie im Treibsand vergehen, "schließt sie kurz" oder läßt sie im Zickzack laufen, bis sie ihre Richtung verloren haben und nur noch die Kosten auffallen, die sie verursachen.
Aus diesem Widerstand konnte und kann man aber einen Motor machen. Indem man diesen Personen zeigt, wie die revolutionäre Idee ihre Arbeit effizienter und sinnvoller macht. Wer das schafft, und viele schaffen es, aber zu wenige, dann ist er kein böser Revolutionär mehr, sondern ein guter und gefragter Mitarbeiter, Kollege oder Chef.
Die dazu notwendigen Argumente zu erarbeiten, in die Sprache und Welt der Zielgruppe zu bringen, das ist schwer und aufwendig.
Dazu mein kleiner Beitrag zu Ihrer Frage, Sie von Ihrer Schule für revolutionären Nachwuchs .
Erstens: Was bedeutet der Begriff Prozeßorientierung eigentlich in der Praxis?
(Ich halte mich gern an den Rat des Johann Tikart, der den Waagen-Hersteller Mettler-Toledo (Albstadt) seinerzeit aus tiefroten Zahlen an die Spitze der Renditeträger seiner Unternehmensgruppe führte:
"Begriffe, Argumente und Theorien sind nur Schall und Rauch. Es zählt nur das Gefühl, das entsteht bei der Vorstellung der konkreten Auswirkung des Arguments auf die Praxis." (J. Tikart))
Und da erlebe ich eine Zweideutigkeit:
1. "Prozeßorientiert" als den Prozeß der Entwicklung und Fertigung bis zum Kundenservice. Auf diesen Prozeß beziehe ich mich hier.
2. "Prozeßmanager" nennen sich aber auch Leute, die kleinere Handlungsfolgen gestalten wie beispielsweise Angebotsprozeß, sogar bis in die Fertigung hinein. Was früher die Vorarbeiter taten...
Prozeßorientiert, besser als was? Der Gegensatz ist wohl "Fachorientiert".
_Management ist der Beruf des Resultate-Erwirkens.“ (Prof. Malik, St. Gallen)
Im Wettbewerb haben nur die Firmen Aussicht auf Zukunft und Wachstum, die überdurchschnittliche Resultate liefern. Für Unternehmenseinheiten, Führungskräfte und Mitarbeiter gilt dasselbe. Banal, aber leicht verdrängt.
Unter den heutigen Umständen erlaubt die Prozeßorientierung eine produktivere Arbeitsgestaltung. So lange das im konkreten Einzelfall so ist, so lange ist "prozeßorientiert" besser. Aber Behauptung reicht nicht, es muß einleuchtend gezeigt werden.
In der Zeit des Wiederaufbaus und des Wirtschaftswunders waren "Kundenorientierung", "Prozeßorientierung" oder "Qualität" keine Schlagzeilen für Fachzeitschriften.
Denn mnan brauchte reden über etwas, das selbstverständlich war. Weil man es machte. Schließlich sollten die Schlote wieder rauchen. Wer sich nur fragt: "was muß ich machen für eine bessere persönliche Zukunft?" oder "was müssen wir machen für eine gemeinsame bessere Zukunft?", der findet von selbst: Sein Kunde muß ihn weiter empfehlen, und dazu muß die Ware gut sein. Seine Aktionäre müssen noch mehr Aktien kaufen wollen, und dafür müssen die Gewinne überdurchschnittlich sein. Und die Mitarbeiter müssen sich im Zweifelsfalle auch immer wieder entscheiden: "Bei der Firma bleibe ich." Und dazu muß bei einem unterdurchschnittlichen Gehalt die Zusammenarbeit weit sinnvoller sein und mehr Spaß machen als bei der Konkurrenz.
Wenn man allein daran denkt, ist das Finden der optimalen Form der Zusammenarbeit kein Problem.
Es ist aber üblich, mit den Fachabteilungen wie Vertrieb, Entwicklung, Vorserie, Produktion Ziele zu vereinbaren und Minimierung der Kosten zu fordern. Jede Führungskraft soll ihre Ziele erreichen, gut, bei minimalen Kosten, auch gut, koste es die Nachbarabteilungen, was diese nicht verhindern können - schlecht, denn es erzwingt Gegeneinander und verschlechtert die Produktivität der Zusammenarbeit.
Jetzt darf der Leiter der Abteilung A nichts mehr tun, was seiner Nachbarabteilung B helfen könnte, noch mehr Kosten einzusparen. Er darf es nicht.
Im Prozeß sind aber viele solcher Potentiale, die man einsparen könnte, denkt man prozeßorientiert: "Welche Kosten entstehen im gesamten Prozeß? Machen wir mal eine Liste. Was verursacht jeden teuren Punkt auf dieser Liste und was könnte man tun, damit die Zahl dort kleiner wird?" Dann erkennen wir, was A nur zu machen bräuchte, damit B mehr Kosten einsparen kann.
Damit hat man auch Argumente, wie der Erfolg der Investition von A auch fair aufgeteilt werden sollte auf A und B.
Das sehe ich als Vorteil der Prozeßorientierung.
Jetzt wird erkennbar, warum sie der Handwerker nicht einführen braucht. Er hat keine Kostenstellen.
Das Kostenstellendenken in großen Unternehmen ist sinnvoll, um Kostentreiber erkennen und eliminieren zu können. Der Preis dafür ist die gegenseitige Abschottung der Kostenstellen. Prozeßorientierung ist ein Mittel, diese Abschottung zu minimieren.
Ihre Frage im Wesentlichen beantwortet?
Ciao
Wolfgang Horn
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