Qualitätsmanagement und Informationsmanagement

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#4508 by Martin S
Replied by Martin S on topic An Wolfgang - Tema Wissensmanagement

Hallo Wolfgang,
zur Grundproblematik des Wissensmanagementes möchte ich folgendes anmerken:
Das Wissensmanagement geht über das reine Verständnis von Informationen (z.B. QM-Dokumentation) hinaus. Wissen ist ein komplexes Gefüge, das sich aus subjektiven Erfahrungen, Zusammenhängen und nicht ausgesprochenen Bewertungen des Individuums zusammensetzt - > sehr schwierig, dies als klar strukturiertes Faktenwissen schriftlich wiederzugeben.
Deshalb kann ein Wissensträger nach seinem Aussscheiden niemals sein Wissen hinterlassen, denn Wissen unterliegt einem Lernprozess, der von jedem Individuum unterschiedlich aufgenommen wird.
Wissensmanagement bedeutet für mich, Informationen modular aufzubauen und anschliessend relational zu verknüpfen. In der Praxis sieht das für mich so aus, das ich auf der einen Seite eine "starre" QM-Dokumentation vorliegen habe . Auf der anderen Seite habe ich "flexible" Information zu dieser QM-Dokumentation, z.B. aktuelle Information aus einer laufend aktualisierten Datenbank. In der QM-Doku schaffe ich gewissermassen Platzhalter, die mit aktuellen Informationen aus einer Datenbank gefüttert werden - und zwar rückkoppelnd.
Im Intranet funktioniert das ausgezeichnet mit Hyperlinktechnik in Verbindung mit Online-Datenbanken.
Einfaches Besipiel: Wissensmanagement zur Personalschulung
Der Einarbeitungsplan als "starre" QM-Dokumentation beschreibt in einzelnen Schritten, wie ein neuer Mitarbeiter in sein Aufgabengebiet eingearbeitet wird. Das kann eine Excel-Tabelle sein, in der Zeile für Zeile die einzelnen Einarbeitungspunkte + "Paten" genannt sind.
Die flexible Information zum Einarbeitungsplan ist in einer Datenbank hinterlegt, in die die Ergebnisse
aus dem Schulungsbewertungsbogen einfliesst, die jeder Mitabeiter nach einer Schulung ausfüllt.
Somit habe ich ein Wissensmanagementsystem geschaffen, in dem stets aktuelle Information über den Ausbildungsstand der Mitarbeiter, die Qualität des Schulungsanbieters (Preis, Leistung, Adressen und Ansprechpartner etc.), die Terminverwaltung bei Wiederholungsschulungen etc. gespeichert sind.
Gruß, Martin S

: Hallo Martin,
: ich wittere hier eine Chance für einen positiven Bericht über die Einführung von Wissensmanagement in der Praxis.
: Klar, daß Austausch von Informationen notwendig ist für Qualität.
: Aber Wissenmanagement hätte nach seinen Erfindern wie Prof. Probst weit mehr sein sollen als Austausch von Informationen, nämlich die Überführung persönlichen Know-hows in den Besitz des Arbeitgebers.
: Bisher halte ich diese Idee für eine Reinkarnation des Perpetuum Mobile - ein Traum in der Theorie, in der Praxis nicht realisierbar, weil wesentliche Randbedingungen übersehen wurden.
: Trotz meiner Einstellung suche ich Erfolgsberichte über die Einführung von Wissensmanagement - es könnte ja doch sein, daß jemand einen Trick gefunden hat.
: Dein Lob läßt mich hoffen, Du hättest einen.
: Erzähl mal.
: Ciao
: Wolfgang Horn




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  • Vivian
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#4506 by Vivian
Replied by Vivian on topic "Wissensmanagement in der Praxis"
Hallo,
ich denke wirkliches Wissensmanagement braucht "kommunistische" Randbedingungen:
- entspanntes Arbeitsklima
- Konkurrenzlosikeit
- sicheren Arbeitsplatz
- gerechte Bezahlung ohne Konkurrenzkampf
- absolute Gerechtigkeit des Vorgesetzten usw. usw.
- hoher Zufriedenheitsgrad/Wohlfühlgrad und Motivation der Mitarbeiter
Wie heißt es aber doch: "Wissen ist Macht"
Heute bedeutet Wissen oft:
- Arbeitsplatz und Sicherheit
- erhoffte "Untersetzlichkeit" in rauhen Arbeitsmarktzeiten
- Vorteil im Kampf um Positionen und Gehälter
- Wissen wird weniger geteilt als gegen Kollegen ausgespielt
- Kampf um Anerkennung, Prestige und um das Lob des Chefs
Die kleine Macht des Pförtners - nur er weiß, welcher Schlüssel die Tür öffnet, wenn er vorher sein Wissen nicht geteilt hat.
Gruß
Vivian





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  • Wolfgang Horn
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#4524 by Wolfgang Horn
Replied by Wolfgang Horn on topic Wissensmanagement pragmatisch
Higu, Martin,
: Ich hab viele Bücher zum Thema Wissensmanagement gelesen - und viele wieder nach 10 Seiten zugeschlagen."
Und eben doch das beste draus gemacht...
Aber Achtung! "Natürlich" ist nicht automatisch "gut". Flöhe, Läuse und Aids sind auch natürlich.
"Wissens-Vermittlung ist ein reines Selbsterhaltungsprinzip der Natur."
Jain: Natürlich ist, Lernen zu wollen, wie man persönliche Mühen einspart.
Können weiterzugeben ist so wenig natürlich, wie sich der Könner damit Mühen oder gar Nachteile einhandelt.
Absolut unnatürlich, sondern eine hohe Kunst ist deshalb das Aufrechterhalten einer Unternehmenskultur des "die Könner von heute schulen heute schon die Könner von morgen".
Martin, so gut das Deine GF kann, Hut ab vor ihr.
Logische Begründung: (Denn so qualifiziert die Mitarbeiter heute, haben Behauptungen kein Gewicht mehr, sondern verschwenden nur Zeit.)
_Die Natur wählt den kürzesten möglichen Weg.“(Aristoteles)
"The natural laziness of men is serious, but by far the greatest evil from which both workmen and employers are suffering is the systematic soldiering which is almost universal under all of the ordinary schemes of management and which results from a careful study on the part of the workmen of what will promote their best interests“ (Frederick W. Taylor)
Logisch läßt sich beweisen: In der Evolution konnten und können nur solche Arten denk- und lernfähiger Wesen bestehen, denen nichts wichtiger ist als ihre persönlichen Ziele. Und denen das Zweitwichtigste das Ersparen persönlicher Mühen ist, die der Einzelne für unnötig hält für seine persönlichen Zwecke.
Folgerung: Natürlich ist der Wunsch, von anderen zu lernen, was einem selbst Mühen erspart. Neugier, Lerngier sind natürlich.
In einer "gesunden" Gemeinschaft (Miteinander, Fairneß), wo auch der Könner von heute auch morgen noch einen Vorteil hat, wenn er heute schon den Könner von morgen schult, da ist diese Weitergabe des Könnens dann ein egoistischer Akt! Der Könner gibt zu seinem eigenen Vorteil!
Dies Miteinander ist aber nur mit Mühen, Anstrengungen und manchen Schmerzen aufrecht zu erhalten. Als Führungskraft, und sei es im kleinen Projekt, muß man halt Vorbild sein. Sonst ist man bestenfalls Vorgesetzter mit der Lizenz, sein "Basta!" durchdrücken zu dürfen mit Drohungen bis hin zu Abmahnung und Kündigung.
Als Führungskraft muß man sich selbst an das halten, was man sagt. Wer es nicht tut, dem folgen bald nur noch Söldnertypen und Engagierte, deren Hoffnung sich Tag für Tag mehr umwandelt in Verbitterung.
Leider ist es aber auch natürlich, daß Vorgesetzte die Mühen des weitsichtigen Denkens scheuen und die Unbequemlichkeiten - und sich dann im Kampf gegen die Anarchie verzetteln. Die regen die Könner von heute dann an zur Weitergabe an, entlassen sie morgen in den Vorvorruhestand und wundern sich übermorgen, warum die Weitergabe nicht mehr so richtig funktioniert. Warum die Kennzahlen außer Fassung geraten wie der Höhenmesser im Flugzeug, daß sich seiner Motoren entledigt hat und im Versuch, trotzdem die Höhe zu halten, jämmerlich abschmiert.
(Erstaunlicherweise wird derjenige Pilot zu Höherem berufen, der den Motor abwirft, und es wird nur derjenige bestraft, der die Höhe dann nicht mehr halten kann.)
Ciao
Wolfgang



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  • Felde
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#4513 by Felde
Replied by Felde on topic An Wolfgang - Tema Wissensmanagement
Hallo Martin,
ich schließe mich Wolfgang an, der sagt, dass er eher "Prozesse" sieht.
So ähnlich ging es mir beim Lesen Deines Beitrages auch. Es gibt starrere Prozesse (QM-Doku)
die durch leichter zu handhabende (dadurch aktuellere) Daten aus einer Datenbank ergänzt werden.
Ich sehe da nicht wirklich ein Wissensmanagement.
Es sieht für mich so aus, dass ein Management der Wissensträger vorhanden ist.
Wo aber wird das Wissen selbst gemanagt bzw. bewahrt?
Wissensmanagment kann ich mir eher in einem Expertensystem vorstellen, welches um neue Erfahrungen ergänzt wird und für jeden nutz-
und erweiterbar ist.
Ich muß gestehen, dass ich mich noch nicht groß
mit diesem Thema auseinandergesetzt habe.
Daher würden auch mich weitere Meinungen interessieren.
Grüssle
Felde



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  • Martin S
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#4515 by Martin S
Replied by Martin S on topic Thema Wissensmanagement
Hallo Wolfgang,
Der krtiische Teil ist gar nicht vorhanden, nämlich der, wo der Könner unter den Mitarbeitern veranlaßt wird, sein exklusives Wissen mitzuteilen und damit auf die Vorteile der alleinigen Nutzung zu verzichten.
-> Seit 2 Jahren führen wir Schulungen unter dem Motto "Interne Wissensträger schulen die Kollegen" eingeführt.
Gruß, Martin S




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  • Vivian
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#4518 by Vivian
Replied by Vivian on topic Tema Wissensmanagement
Hallo Martin,
eine gut strukturierte Datenbank ist ein hilfreiches Werkzeug um Wissen und Erfahrungen zu speichern.
Die große Kunst ist es, das Wissen in die Köpfe der Mitarbeiter zu bekommen. Ich kann nur Fragen nach einer Sache stellen, bei der ich weiß das sie existiert oder anders: in der Frage liegt die Antwort. Wissen muss zum Mitarbeiter transportiert werden. Wenn ich nicht weiß, dass eine Datenbank Daten zu meinem Problem enthält, muss ich auf die Idee kommen, danach zu suchen.
Ich habe einen Bekannten in einer Entwicklungsabteilung eines großen Konzerns. Dieser Konzern unterhält gigantische Datenbanken zum Zwecke der Wissensspeicherung für jeden nur erdenklichen Zweck. Vor kurzem hat ihn ein wichtiger MA verlassen und hat seine Erfahrungen mitgenommen. Die wichtigsten Informationen und Erfahrungen sind die, die sie zusammen gemacht haben, bei denen sie gemeinsam Probleme diskutiert, gelöst und ausgetüftelt haben.
Die Probleme in der gen. Entwicklungsabteilung sind komplex. An der Aufgabenlösung sind sehr viele MA bzw. verschiedene Teams beteiligt. Diese komplexen Informationen können aufgrund des enormen Aufwandes nur fragmental in einer Datenbank zusammengeführt werden. Der erfahrene Mitarbeiter kann den Entwicklungsprozess anhand der Fragmente nachvollziehen.
Die Aufwand- und Nutzensrechnung für Aufbau und Umsetzung eines Systems für Wissensmanagement würde mich interessieren, die Nutzungsintensität von entsprechenden Datenbanken ebenfalls. In der Abteilung meines Bekannten ist sie recht gering.
a) werden von den Mitarbeitern die Recherchezeiten als zu hoch empfunden
b)viele Informationen sind Fachchinesisch, sehr Autorenspezifisch.
c) für wissenschaftliche Aufbereitung wird im Tagesgeschäft zu wenig Zeit zur Verfügung gestellt
d) die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit bereits dokumentierten Ergebnissen und Erkenntnissen bleibt außen vor;
e) viele Informationen in der Forschung und Entwicklung bleiben selbst im eigenen Konzern top secret. Es kommt schon mal vor, dass das Fahrrad in zwei Abteilungen neu erfunden wird. Die eine Abteilung entwickelt ein bestimmtes Bauteil die andere hat die Schnittstelle dazu.
Wenn du Perpetuum Mobile gefunden hast,ich bin für jede Anregung dankbar.
Viele Grüße
Vivian




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