Teufelskreislauf Verlagerungen (Ungarn, Tschechische Republik, Polen)

  • D. J.
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#10734 by D. J.
>Ich habe diese Woche zwei interessante Gespäche mit Kunden gehabt, die das gleiche Problem haben:
Teile, die wir für den Deutschen Markt geliefert haben liefen jahrelang problemlos. Dann wurden diese Teile in oben genannten Länder verlagert und das Drama fing an. Urplötzlich wird reklamiert was das Zeug hält.
Unabhängig davon ist mir aufgefallen, dass vom Kunden bevorzugte Nacharbeitsfirmen teilweise die 10-fache Zeit brauchen als Deutsche Nacharbeitsfirmen (besonders Ungarn).
Schriftliche Sonderabsprache mit den ehemals deutschen Kunden haben plötzlich keine Gültigkeit mehr.
Das schlimme an der ganzen Sache ist, dass man dem Neuen Kunden helfen muss ansonsten wird angedroht, dass entsprechende Werkzeug/Teil abzuziehen. Einer unserer Kunden berichtete man sollte sich in jedem Fall an die jeweiligen Verantwortlichen in Deutschland wenden, die jedoch auch schon mit dem Kopf schütteln und eigentlich gar nicht helfen können oder wollen.
Fest steht, wenn wir darauf eingehen, sind enorme Zusatzkosten fällig, denn man optimiert etwas und bringt es letztendlich auf einen optimalen Stand mit der Gefahr, dass das Teil/Werkzeug möglicherweise sowieso abgezogen wird oder man stellt sich quer und das Teil/Werkzeug wird sofort abgezogen.
Ich denke es ist schon schlimm genug, wenn die Arbeit in das Ausland abfließt und gewiss nicht so bald wiederkommt. Bekommen wir mit dieser Methodik den Gnadenstoss?
Ich denke es geht anderen genauso und es wird Zeit sich auszutauschen!
Danke für die Rückmeldungen!




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  • Frank Hergt
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#10738 by Frank Hergt
Hallo D.J.!
Die ersten Artikel im Spiegel über Firmen, die ihre Produktionen nach Deutschland zurück verlagern, sind schon ca. 2 bis 3 Jahre alt. Je anspruchsvoller das Produkt ist, um so schwieriger ist eine Verlagerung. Wir hatten bei uns eine hochinteressante Vorstellung einer Firma, die bei der Lieferantensuche in China unterstützt. Von den Traumpreisen, die so durch die Köpfe schwirren, bleibt am Ende unter Einbeziehung aller Nebenkosten ein Preisvorteil von ca. 16 - 18\%.
Hört sich zwar zynisch an, aber langfristig regelt das der Markt. Hansgrohe macht gerade rauschende Geschäfte.....
Schöne Grüße
Frank



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  • Vivian
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#10768 by Vivian
Hallo Frank,
Hansgrohe macht gerade im Permiumsegmet tolle Geschäfte. Hansgrohe hat schon immer auf den Standort Deutschland gesetzt.
Vom zweiten Grohe (die Firma haben zwei Brüder geerbt), Fa. Grohe im Ruhrpott, hört man jedoch wenig gutes. In die Entwicklung innovativer Produkte wurde jahrelang nichts investiert und diese Firma wirft in Deutschland gerade Leute raus und produziert bereits seit Jahren im Ausland. Das Management leidet auch an chronischer Fluktuation.
Deutschland wird nicht durch wenige Premiumfirmen überleben. Endress + Hauser ist ja auch nur einer der wenigen wirklichen Leuchttürme in Deutschland. Der Gesellschaft und dem Land geht es gut, wenn es der breiten Masse der Menschen gut geht.
Übrigens, in der Nähe von Prag gibt es einen großen Technologieparkt, recht automobillastig. Dort verdienen Tschechen bereits ein höheres Nettogehalt als ein tarifungebundener ostdeutscher Arbeiter. Weit über 90 Prozent der Unternehmen in Ostdeutschland unterliegen keinerlei Tarifbindung. Wir happy, wenn wir überhaupt arbeiten dürfen - für die Psyche - dafür machen wir auch 60 Stunden/Woche - unbezahlt. Dabei haben wir eine deutlich höhere Facharbeiterquote als Westdeutschland. Ein ostdeutscher Facharbeiter arbeitet hier weit unter dem Gehalt eines ungelernten westdeutschen Arbeiters.
Ich frage mich, warum deutsche Unternehmen unbedingt nach Tschechien oder Polen auswandern wollen?!
Ich bin ja so was von sauer.

Vivian



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  • Vivian
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#10771 by Vivian
Hallo Frank,
Deutschland kann seinen heutigen Standard in allen gesellschaftlichen Bereichen nicht durch wenige Premiumfirmen aufrecht erhalten.
Wenige Premiumfirmen beschäftigen wenige Premium-Mitarbeiter. Der Premium-Mitarbeiter kann sich vielleicht irgendwann ein teures Auto und ein überdurchschnittliches Haus etc. leisten. Durch ihn entsteht quasi ein kleiner Premium-Markt.
Der Markt der breiten Masse wird jedoch immer weiter beschnitten, sei es durch Arbeitslosigkeit oder Anpassung der Löhne nach unten. Damit schrumpft dieser Markt zunehmend, der Kaufkraftverlust oder auch die Kaufunlust der Verbraucher wird bereits heute laut bejammert.
Sollten deutsche Unternehmen weiter verlagern, sollten sie sich langfristig darauf einrichten, ihre Produktionskapazitäten zu verringern und auch mit sinkenden Gewinnen zu kalkulieren. Nur wenige Südafrikaner können sich einen dicken Daimler leisten - ein arbeitsloser Deutscher kann es jedoch auch nicht mehr. Also zurück zum Bärenfell und ab in die Höhlen. Back to the Basics - ich bin mir nicht sicher, hat Marx diese Entwicklung überhaupt in Erwägung gezogen? (ist ein Scherz)
Die Unternehmen sollten sich darauf einrichten, ihre Produkte nur noch an eine begrenzte Bevölkerungsschicht verkaufen zu können - die Premium-Mitarbeiter weniger Premium-Unternehmen - ein überschaubarer Markt. Das Luxussegment kennt bekanntlich zu kaum einer Zeit Grenzen, nicht mal in Weltwirtschaftskrisen.

Schöne Grüße
Vivian




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  • Frank Hergt
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#10772 by Frank Hergt
Ok, Vivian, aber: Was tun?
Was mache ich mit dem Mann, der vor 100 Jahren halt Heu gerecht hätte und bei dem es auch für nicht viel mehr reicht? Kombi-Lohn, Negativ-Steuer, Bürgergeld? Wäre bisher so meine Linie gewesen. Stand heute als unbezahlbar in der Zeitung. Müßte man natürlich mal die derzeitige Sozialhilfe, Arbeitslosenhilfe (sorry, Hartz IV) usw. gegen aufrechnen.
Was oft übersehen wird: Deutschlands Unternehmen leben oft nicht vom Verbrauchersektor, sondern von Investitionsgütern. Und da vom Export. Von daher kann es einem Großteil von ihnen wirklich egal sein, wie viele Leute hier noch wie viel Geld zum Einkaufen haben.
Just thoughts, wie Felde sagen würde...
Liebe Grüße
Frank



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  • Peter Schmidt
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#10777 by Peter Schmidt
Hallo Leute! Hier hat sich ja inzwischen eine lebhafte Diskussion entwickelt...
Entscheidend bei der ganzen Verlagerungspolitik sind aber nicht die Firmen, sondern die Verbraucher. In einem globalen Markt müssen sich die Firmen nämlich anpassen, um zu überleben. Würde eine deutsche Firma X ausschließlich in Deutschland fertigen, würden ihre Produkte so teuer, dass der hiesige Kunde zum Konkurrenzprodukt greift. Daraufhin würden die deutschen Firmen völlig den Bach runter gehen. Der Kunde muss an der Ladentheke entscheiden, dass er das in Deutschland gefertigte Produkt bevorzugt. So einfach ist das. Nur wohl in der Realität nicht umzusetzen, weil jeder ja lieber 20 Cent spart...
Grüße,
Peter



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