ISO ist überdimensioniert für Klein(-st)unternehmen
- Wolfgang Horn
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#10826
by Wolfgang Horn
Replied by Wolfgang Horn on topic Heiko Mell's 11. Gebot
Hi, Heimo,
Du magst ja Recht haben.
Vielleicht gehörst Du sogar zu den "seltenen Exemplaren", die sich gern bevormunden lassen.
Ansonsten gilt Heiko Mells 11. Gebot auch für die Zusammenarbeit von Dienstleister und Auftraggeber: "Du sollst Deinen Auftraggeber nicht gegen seinen Willen glücklich machen wollen!"
Hier eben: "Du sollst Deinen Auftraggeber nicht gegen seinen Willen glücklich machen wollen."
Der Auftraggeber hat seinen Auftrag an Fabian klar definiert. Und mit diesem Lastenheft hat der Auftragnehmer zu entscheiden, ob er den Auftrag genau so ausführen kann, oder ob er ein Pflichtenheft vorlegt, die Grenzen der Machbarkeit aufzeigt "post-its als Kommunikationsmittel sind laut DIN ISO verboten..." und einen machbaren Weg vorschlägt, der die Wünsche des Auftraggebers bestmöglichst realisiert.
Wenn er durch seine Dienstleistung dann die Anerkennung und das Vertrauen seines Auftraggebers gewonnen hat, dann wird der Auftraggeber allmählich empfangsbereit für ungebetenen Rat.
Ciao
Wolfgang
Du magst ja Recht haben.
Vielleicht gehörst Du sogar zu den "seltenen Exemplaren", die sich gern bevormunden lassen.
Ansonsten gilt Heiko Mells 11. Gebot auch für die Zusammenarbeit von Dienstleister und Auftraggeber: "Du sollst Deinen Auftraggeber nicht gegen seinen Willen glücklich machen wollen!"
Hier eben: "Du sollst Deinen Auftraggeber nicht gegen seinen Willen glücklich machen wollen."
Der Auftraggeber hat seinen Auftrag an Fabian klar definiert. Und mit diesem Lastenheft hat der Auftragnehmer zu entscheiden, ob er den Auftrag genau so ausführen kann, oder ob er ein Pflichtenheft vorlegt, die Grenzen der Machbarkeit aufzeigt "post-its als Kommunikationsmittel sind laut DIN ISO verboten..." und einen machbaren Weg vorschlägt, der die Wünsche des Auftraggebers bestmöglichst realisiert.
Wenn er durch seine Dienstleistung dann die Anerkennung und das Vertrauen seines Auftraggebers gewonnen hat, dann wird der Auftraggeber allmählich empfangsbereit für ungebetenen Rat.
Ciao
Wolfgang
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- Manuel
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#10931
by Manuel
Replied by Manuel on topic Re: ISO ist überdimensioniert für Klein(-st)unternehmen
Hallo Fabian,
ich bin Auditor einer Zertifizierungsstelle und unter meinen Kunden befinden sich zahlreiche Unternehmen dieser Branche. Dabei sind Unternehmen von 10 bis mehreren Hundert Mitarbeitern. Bei über 90\% der Firmen höre ich die von dir zitierten Argumente gegen die Zertifizierung.
Aber gerade in dieser Branche, wo der überwiegende Teil der Mitarbeiter "draussen" ist und das meist Nachts, also jenseits des direkten Einflussbereiches des Chefs, ist ein vernünftiges QM dringend erforderlich.
Um deine Argumentation beim Kunden zu untermauern, versuche heraus zu finden, welche Pannen in der letzten Zeit bei der Auftragsdurchführung passiert sind. Das wird nicht leicht sein, da die erste Antwort lauten wird: "Es gibt keine Pannen", aber ich garantiere dir, dass die meisten Fehler mit einer vernünftigen Organisation vermeidbar gewesen wären. (Wie will man z.B. wichtige Infos an die Einsatzkräfte bei einer Großveranstaltung übermitteln? Mit Post-it-Zetteln?
Und wenn die Firma nach "best practice" vorgeht, dann ist vielleicht der Schritt zur ISO gar nicht so groß. Ein wenig Dokumentation ergänzen - und das Zertifikat ist leicht erreichbar. Das Problem ist wahrscheinlich, dass die GF bisher nur schlechtes über die ISO gehört hat, und nicht weiß, dass man die Norm auch mit einem Minimum an Dokumentation erfüllen kann. Ganz wichtig ist es also, das Unternehmen nicht mit unnötiger Dokumentation zu belasten. Ein Handbuch für ein mittleres Bewachungsunternehmen sollte nicht mehr als 10 Seiten haben, dazu noch 2 bis 4 Dienstanweisungen und ein paar Formblätter - fertig. Das entspricht zwar nicht unbedingt den Vorstellungen eines Beraters, alles andere wäre aber Schwachsinn und würde beim Kunden großen Verdruss hervorrufen. Als Berater sollte man sich lieber auf eine praxisgerechte Beratung konzentrieren als auf Handbuch und Anweisungen.
Zum Thema Managementbewertung: Es gibt 1001 Möglichkeiten, eine solche Bewertung durchzuführen. Bisher ist es mir fast immer gelungen, meinen zunächst uneinsichtigen Kunden eine Variante vorzuschlagen, die nach kurzer Zeit zu einem sinnvollen Instrument geworden ist. Wer sagt, dass die Bewertung nur für die Leute im Büro gedacht ist? Eine Bewertung, z.B. in Form eines plakativ formulierten und gestalteten Jahresbericht für alle Mitarbeiter kann sehr effektiv sein. Natürlich muss man dafür ein bisschen Gehirnschmalz investieren und kann nicht die üblichen normlastigen bla-bla-Bewertungen verwenden.
Das wichtigste ist - wie hier auch schon von anderen gesagt -, dass ihr einen Auditor bekommt, der sich mit der Materie auskennt, der also schon mehr als ein paar solcher Unternehmen gesehen hat. Der Auditor, der die Branche nicht kennt, wird sich auf die reinen Normforderungen zurückziehen und im Zweifelsfalle größtmöglichen Schwachsinn vom Kunden einfordern.
Aber auch der Berater sollte natürlich Erfahrungen in der Branche haben. Denn ein QM-System nach ISO 9001 zu gestalten ist leicht. Aber eins, dass dazu auch noch Sinn macht und effektiv und praktikabel ist, dass ist die hohe Kunst (die leider nicht sehr viele beherrschen).
Übrigens: Abstriche von der Norm sind nur im Abschnitt 7 zulässig, und auch nur dann, wenn diese Punkte in der Praxis tatsächlich nicht vorhanden sind. Aus der Sicht des Unternehmens _unangemessene“ Forderungen müssen natürlich trotzdem erfüllt werden, am besten so, dass sie Sinn ergeben.
Mach dir einfach mal ein paar Gedanken zur sinnvollen Umsetzung der Norm in Wach- und Sicherheitsunternehmen und versuche dann, die GF zumindest halbwegs zu überzeugen. Wenn die Überzeugung nicht da ist, und die GF das Zertifikat nur _kaufen“ möchte, ist die ganze Aktion zum Scheitern verurteilt und kostet langfristig nur (viel) Geld. Ich habe unter meinen Kunden einige wenige Beispiele für schwachsinnige QM-Systeme, die das Unternehmen lähmen und die Mitarbeiter bei der Arbeit behindern.
Falls du Fragen hast, kannst du mich gerne anmailen.
Beste Grüße
Manuel
ich bin Auditor einer Zertifizierungsstelle und unter meinen Kunden befinden sich zahlreiche Unternehmen dieser Branche. Dabei sind Unternehmen von 10 bis mehreren Hundert Mitarbeitern. Bei über 90\% der Firmen höre ich die von dir zitierten Argumente gegen die Zertifizierung.
Aber gerade in dieser Branche, wo der überwiegende Teil der Mitarbeiter "draussen" ist und das meist Nachts, also jenseits des direkten Einflussbereiches des Chefs, ist ein vernünftiges QM dringend erforderlich.
Um deine Argumentation beim Kunden zu untermauern, versuche heraus zu finden, welche Pannen in der letzten Zeit bei der Auftragsdurchführung passiert sind. Das wird nicht leicht sein, da die erste Antwort lauten wird: "Es gibt keine Pannen", aber ich garantiere dir, dass die meisten Fehler mit einer vernünftigen Organisation vermeidbar gewesen wären. (Wie will man z.B. wichtige Infos an die Einsatzkräfte bei einer Großveranstaltung übermitteln? Mit Post-it-Zetteln?
Und wenn die Firma nach "best practice" vorgeht, dann ist vielleicht der Schritt zur ISO gar nicht so groß. Ein wenig Dokumentation ergänzen - und das Zertifikat ist leicht erreichbar. Das Problem ist wahrscheinlich, dass die GF bisher nur schlechtes über die ISO gehört hat, und nicht weiß, dass man die Norm auch mit einem Minimum an Dokumentation erfüllen kann. Ganz wichtig ist es also, das Unternehmen nicht mit unnötiger Dokumentation zu belasten. Ein Handbuch für ein mittleres Bewachungsunternehmen sollte nicht mehr als 10 Seiten haben, dazu noch 2 bis 4 Dienstanweisungen und ein paar Formblätter - fertig. Das entspricht zwar nicht unbedingt den Vorstellungen eines Beraters, alles andere wäre aber Schwachsinn und würde beim Kunden großen Verdruss hervorrufen. Als Berater sollte man sich lieber auf eine praxisgerechte Beratung konzentrieren als auf Handbuch und Anweisungen.
Zum Thema Managementbewertung: Es gibt 1001 Möglichkeiten, eine solche Bewertung durchzuführen. Bisher ist es mir fast immer gelungen, meinen zunächst uneinsichtigen Kunden eine Variante vorzuschlagen, die nach kurzer Zeit zu einem sinnvollen Instrument geworden ist. Wer sagt, dass die Bewertung nur für die Leute im Büro gedacht ist? Eine Bewertung, z.B. in Form eines plakativ formulierten und gestalteten Jahresbericht für alle Mitarbeiter kann sehr effektiv sein. Natürlich muss man dafür ein bisschen Gehirnschmalz investieren und kann nicht die üblichen normlastigen bla-bla-Bewertungen verwenden.
Das wichtigste ist - wie hier auch schon von anderen gesagt -, dass ihr einen Auditor bekommt, der sich mit der Materie auskennt, der also schon mehr als ein paar solcher Unternehmen gesehen hat. Der Auditor, der die Branche nicht kennt, wird sich auf die reinen Normforderungen zurückziehen und im Zweifelsfalle größtmöglichen Schwachsinn vom Kunden einfordern.
Aber auch der Berater sollte natürlich Erfahrungen in der Branche haben. Denn ein QM-System nach ISO 9001 zu gestalten ist leicht. Aber eins, dass dazu auch noch Sinn macht und effektiv und praktikabel ist, dass ist die hohe Kunst (die leider nicht sehr viele beherrschen).
Übrigens: Abstriche von der Norm sind nur im Abschnitt 7 zulässig, und auch nur dann, wenn diese Punkte in der Praxis tatsächlich nicht vorhanden sind. Aus der Sicht des Unternehmens _unangemessene“ Forderungen müssen natürlich trotzdem erfüllt werden, am besten so, dass sie Sinn ergeben.
Mach dir einfach mal ein paar Gedanken zur sinnvollen Umsetzung der Norm in Wach- und Sicherheitsunternehmen und versuche dann, die GF zumindest halbwegs zu überzeugen. Wenn die Überzeugung nicht da ist, und die GF das Zertifikat nur _kaufen“ möchte, ist die ganze Aktion zum Scheitern verurteilt und kostet langfristig nur (viel) Geld. Ich habe unter meinen Kunden einige wenige Beispiele für schwachsinnige QM-Systeme, die das Unternehmen lähmen und die Mitarbeiter bei der Arbeit behindern.
Falls du Fragen hast, kannst du mich gerne anmailen.
Beste Grüße
Manuel
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- Fabian
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#11105
by Fabian
Replied by Fabian on topic Re: tausend dank für die anregungen - nächste frage
hab mich natürlich mittlerweile gründlich eingearbeitet. doch es gibt immer noch einige punkte, die mir kopfzerbrechen bereiten. vor allem aus dem grundproblem heraus, dass das unternehmen sehr klein ist und sich viele probleme im alltag überhaupt nicht stellen. bspw. lieferantenbewertung, die einzigst regelmäßige lieferung ist der getränkeautomat-befüller. andere beschaffungen geschehen 1 bis 2mal pro Jahr (abgesehen von büro-material, das wird in der metro gekauft) und sind ausrüstungsgegenstände, bei der man sich beim Erstkauf bereits auf einen Hersteller festgelegt hat. ausschließen darf ich den punkt nicht. genügt eine einfache excel tabelle mit zwei kriterien zur lieferantenbeurteilung, nämlich termingerechte bzw. vollständige Lieferung? und kann ich den teil mit den beschaffungsangaben wenigstens weglassen?
immer noch fragen über fragen, die ich gern hier klären würde, als in angesicht zu angesicht mit dem auditor.
nochmals dank
fabian
immer noch fragen über fragen, die ich gern hier klären würde, als in angesicht zu angesicht mit dem auditor.
nochmals dank
fabian
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