QM in Kindertagesstätten

  • Jörg
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#9639 by Jörg
QM in Kindertagesstätten was created by Jörg
Hallo!
Ich interessiere mich für Qualitätsmanagement in Kindertagesstätten. Kann mir jemand interessante und gute Bücher, Diplomarbeiten oder sonstige Unterlagen empfehlen, bzw. zukommen lassen. Für Eure Hilfe bedanke ich mich jetzt schon im Voraus.
Liebe Grüße
Jörg



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  • Wolfgang Horn
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#9641 by Wolfgang Horn
Replied by Wolfgang Horn on topic Re: QM in Kindertagesstätten
Hallo zurück, Jörg,
Frage eines, der in Qualitätsfragen seit Jahrzehnten nicht ganz unbefleckt ist, an Dich, der Du Dich im Bereich der neuen "Marktnische" für Qualitätsmanagement "Kitas" wohl besser auskennst: Ich habe ein wenig zum Stichwort gegoogelt und die folgende Textpassage gefunden.
Nun meine Fragen
1. Was unterscheidet qualitative Kindererziehung von dem, was Pädagogen und Soziologen schon immer erreichen wollten?
2. In der Industrie ist zu beobachten, daß mit der Einführung von "Qualität" gewollt oder ungewollt auch eine Normierung stattfindet, identische Prozesse, Begriffe, weg von Individualität und Selbstverantwortung. Streben Soziologen, Pädagogen und Psychologen nun auch das an?

Der Text:
"Der vierte Qualitätsbereich bezieht sich auf die professionelle Arbeit mit Kindern, bei der durch persönlich-beruflich kompetente Verhaltensweisen eine zielorientierte, methodisch-didaktisch begründete Arbeit die Folge ist. Dabei werden infrastrukturelle Besonderheiten des Umfeldes ebenso wie besondere Lebenssituationen der Kinder berücksichtigt.
Die Leitungskraft initiiert im Sinne einer professionellen Wahrnehmung der Leitungsfunktion Zielfindungsprozesse, leitet Auseinandersetzungen und Weiterentwicklungen ein und bringt Zielfindungen auf ihren unterschiedlichen Ebenen zu einem erfolgreichen Abschluss.
Die Qualität einer tatsächlichen Teamarbeit orientiert sich an inhaltlichen (!) Entwicklungszielen/ Zielentwicklungen, bei denen Innovationsfreude, Engagement und Handlungseinsatz zur täglichen Praxis gehören. Es hat sich immer wieder herausgestellt, dass Qualität in der Praxis nur durch Teamarbeit erreicht und aufrechterhalten/ ausgebaut werden kann.
Und schließlich geht es um eine entwicklungsförderliche Qualität von Innen- und Außenräumen sowie deren qualitätsgeprägter Gestaltung. Nicht umsonst heißt es, dass Räume mit ihrer besonderen Wirkung auf Kinder eine hohe Erziehungswirkung besitzen."
: Ich interessiere mich für Qualitätsmanagement in Kindertagesstätten. Kann mir jemand interessante und gute Bücher, Diplomarbeiten oder sonstige Unterlagen empfehlen, bzw. zukommen lassen. Für Eure Hilfe bedanke ich mich jetzt schon im Voraus."

Ciao
Wolfgang



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  • Jürgen
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#9644 by Jürgen
Replied by Jürgen on topic Re: QM in Kindertagesstätten
Hallo Jörg,
im Bereich QM in Kitas bewegt sich zur Zeit einiges. Es gibt verschiedene QM-Modelle bzw. Interpretationen für Kindergärten. Fündig kannst Du z.B. auf der homepage von ArtSet werden, dort kannst Du das QM-Modell LQK als pdf.-Handbuch herunterladen.In der Zeitschrift QZ (Qualität und Zuverlässigkeit) 2/2005 ist der Artikel "Qualitätsmanagement in der Elementarpädagogik" vielleicht für Dich interessant.
P.S. Der Kommentar von Wolfgang Horn ist zwar nicht ungewöhnlich, es gibt auch viele Pädagogen die ähnlich argumentieren, allerdings wird hier ein Gegensatz behauptet, der nicht existiert. QM im pädagogischen Bereich steht und fällt mit den Menschen, die "ihr" QM-System einführen. In diesem Punkt besteht kein Unterschied zu anderen Unternehmen. Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass jedes QM-Modell, ISO 9001 ebenso wie LQK, überaus fruchtbar und nützlich sein kann.
Mit besten Grüßen
Jürgen

: Hallo!
: Ich interessiere mich für Qualitätsmanagement in Kindertagesstätten. Kann mir jemand interessante und gute Bücher, Diplomarbeiten oder sonstige Unterlagen empfehlen, bzw. zukommen lassen. Für Eure Hilfe bedanke ich mich jetzt schon im Voraus.
: Liebe Grüße
: Jörg




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  • steffen.h.
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#9703 by steffen.h.
Replied by steffen.h. on topic Re: QM in Kindertagesstätten
Hallo Jörg
Wieder ein neues Versuchsfeld, oh je.
Sollte es dir irgendwann möglich sein die Fragen von Wolfgang zu beantworten dann zögere nicht diese Antworten als Kommentar einzustellen, denn dies sind Fragen die mich ebenfalls interessieren.
Noch mal die Fragen von Wolfgang:
1. Was unterscheidet qualitative Kindererziehung von dem, was Pädagogen und Soziologen schon immer erreichen wollten?
2. In der Industrie ist zu beobachten, daß mit der Einführung von "Qualität" gewollt oder ungewollt auch eine Normierung stattfindet, identische Prozesse, Begriffe, weg von Individualität und Selbstverantwortung. Streben Soziologen, Pädagogen und Psychologen nun auch das an?
Weiter noch meine Fragen:
3. Sind, in den Vorgehensweisen des QM schon die jeweiligen positiven oder negativen Einflüsse der Elternhäuser ausschlaggebend einbezogen oder überhaupt regelbar?
4. Kann definiert werden das mein Wollen (im QM KiTa) einen Sinn auf beeinflussung des Lebensweges, wirklich Früchte trägt?
Jetzt habe ich eine Denkpause von 1h gehabt und Denke sind wir Wahnsinnig unsere Kinder Beinflussen zu wollen! und dies schon im Alter von 3-6 Jahren, sind wir eigentlich Psychopaten?
Hat nicht jedes Individuum das Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit kann sich ein dreijähriges Kind bewusst gegen nichtgewollte Beeinflussung in seinem Wachstum und Handeln wehren ( Was sagt unsere Verfassung ?? ).
Wollen wir ein QM in KiTa gestallten um Manager schon im Kindergarten einzusetzen und um Einfluß zu üben, anstatt dem Leben und der Entwicklung seinen freien natürlichen Weg gehen zu lassen?
Zitat aus Wolfgang's Zitat ""Dabei werden infrastrukturelle Besonderheiten des Umfeldes ebenso wie besondere Lebenssituationen der Kinder berücksichtigt.""
Ja Wahnsinn!! Zeigt mir den Erzieher der früher oder zukünftig die Lebenssituation seiner Kindergartenkinder kennt oder kennen lernen wird, dies ist eine Möchtegern Aussage die mir ein lächeln abverlangt!!
""Ich interessiere mich für Qualitätsmanagement in Kindertagesstätten "" wenn du jemals in einem Kindergarten warst dann frage deine Eltern ob sie mit deinen(r) Erzieher(in) zufrieden waren, dies sind die Erzieher(inen) die dir die Antworten geben werden und nicht die Bücher die du sicher finden wirst die aber keinen Nährboden für anwendbares in bezug auf meine Kinder darstellen werden.
mit sehr nachdenklichen Gruß steffen.h.
PS: Und hütet euch vor der Rache der wissenden Eltern deren Kinder ihr zu beeinflussen sucht.




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  • Barbara
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#9709 by Barbara
Replied by Barbara on topic Re: QM in Kindertagesstätten
Hallo Steffen,
das was Du beschreibst klingt wirklich grauselig nach Manipulation und uniformer Erziehung zum Norm-Menschen.
Gott sei Dank geht das weit an der pädagogischen Konzeption (und auch den QM-Ansätzen) im Bereich Kinderbetreuung vorbei. Die Idee, gemeinsame Ziele umzusetzen, ist älter als die Idee, ein QMS in Kinderbetreuungs-Einrichtungen einzusetzen.
Hier ein Auszug der Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Kinder aus ihrer Betreuungszeit mitnehmen sollten:
+soziale Kompetenzen
+kommunikative Kompetenzen
+emotionale Kompetenzen
+musische Kompetenzen
+kognitive Kompetenzen
+Selbständigkeit
+Kreativität
+motorische Fähigkeiten
Den Unterschied mit einem QMS sehe ich darin, dass nicht nur die Ziele definiert werden, sondern auch geschaut wird, wie und mit welchem Ergebnis sie umgesetzt werden.
Das Ziel ist garantiert nicht, Kinder zu genormten Wesen zu manipulieren, sondern eher im Gegenteil die Individualität des Kindes zu fördern.
Wir haben in Deutschland ein massives Problem bei der Chancengleichheit, d. h. dass beispielsweise Kinder aus bildungsarmen oder ausländischen Familien eine deutlich geringere Chancen auf einen guten Schulabschluss haben. Wenn jetzt in der Betreuungseinrichtung intensiver geschaut wird, ob beispielsweise alle Kinder über ausreichende Sprachfähigkeiten verfügen, dann ist das mit Sicherheit sinnvoll. Das heißt nicht, dass alle Kinder das Gleiche auswendig lernen müssen und alle die gleiche Intonation oder den gleichen Ausdruck haben müssen. Das heißt schon, dass Kinder zusammen ein Lied singen und dafür den gleichen Text kennen müssen und das heißt auch, dass Kinder über die Grundregeln der Grammatik und einen Grundwortschatz verfügen müssen.
Zum Punkt:
"Ja Wahnsinn!! Zeigt mir den Erzieher der früher oder zukünftig die Lebenssituation seiner Kindergartenkinder kennt oder kennen lernen wird, dies ist eine Möchtegern Aussage die mir ein lächeln abverlangt!!"
Ich weiß ja nicht welche Erfahrungen Du mit den ErzieherInnen in Kinderbetreuungs-Einrichtungen gemacht hast. Die ErzieherInnen die ich kenne wissen tatsächlich was in den Familien passiert, warum ein Kind z. B. gerade eine schwierige Phase hat oder glücklich ist. Und sie versuchen, das Kind in seiner individuellen Entwicklung zu unterstützen. Ich habe eine sehr große Hochachtung vor dem, was in unseren Betreuungs-Einrichtungen geleistet (und oft genug nicht gesehen) wird.
Gerade das Alter zwischen 3 und 6 Jahren ist eine gute Zeit, um Grundregeln des Zusammenlebens zu begreifen. Wenn Kinder diese Entwicklungs-Chance nicht haben oder nicht nutzen können, weil sie es z. B. im Elternhaus nicht mitkriegen, haben sie spätestens in der Schule ein echtes Problem. Denn ihre Klassenkameraden sind wenig zimperlich in ihren Urteilen: "Der haut immer!" "Die stinkt!" "... macht nur Unfug." (Originalzitate, die Du im Umgang mit Kindern täglich hören kannst.)
Ich denke, dass wir alle uns darauf einigen können, dass alle Kinder:
a) Konfliktlösungsstrategien erfahren und üben müssen
b) Grundzüge der Körperhygiene lernen müssen
c) den Umgang in sozialen Verbänden und die entsprechenden Regeln mitnehmen müssen
damit sie im Leben klar kommen. Das sind, wenn Du so willst, genormte Anforderungen.
Es wäre schön, wenn Kinder das von Anfang an im Elternhaus mitkriegen würden. Die Realität zeigt aber, dass es anders ist. Auch deshalb bin ich dankbar über jede gute Kinderbetreuungs-Einrichtung, die Kindern hilft, einen guten Weg ins Leben zu gehen.
Viele Grüße
Barbara




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  • Wolfgang Horn
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#9711 by Wolfgang Horn
Replied by Wolfgang Horn on topic Re: QM in Kindertagesstätten
Hi, Barbara,
ich habe mit meiner Antwort in die ursprünglich harmlose klingende Frage "Pfeffer" hinein gebracht.
Wo Steffen mich zitiert hat, da bin ich auch gern bereit, alle Repliken aufzunehmen.

Zu meiner Fragestellung:
1. So gut die Menschheit Millionen von Jahre Evolution bestanden hat gegen ihre Konkurrenten, so gut müssen wohl die natürlichen, angeborenen Prozesse der Eltern sein, wie sie ihre Kinder in das Leben führen. (Hinweis: Die Kriterien der Natur für "Gut" sind mit Sicherheit andere als die, die ein Träumer von Friede, Freude und Eierkuchen anlegen würde. Und vermutlich sind auch Sehnsüchte der Erwachsenen nach Harmonie eingeflossen in die Prinzipien des Humanismus.)
Vermutung mit anderen Worten: Eine Mutter, die den ihr angeborenen Wünschen und Prozessen gemäß ihr Kind liebt und ihrer Liebe entsprechend handelt, wird dies schon einigermaßen zweckmäßig ins Leben führen. Gleiches gilt für den Vater und Verwandte in der Familie. (Gegenbeweis: Wäre schon den Urahnen unserer Entwicklungslinie eher die Neigung angeboren, unsere Kinder zu vernachlässigen, zu mißhandeln und zu mißbrauchen, dann wäre unsere Urahnen schon verdrängt worden von Vettern einer tüchtigeren Entwicklungslinie von homo oder gar Primaten. Unsere Urahnen wären ausgestorben und uns gäbe es gar nicht.)
2. So sehr Frauen und Männer mit diesen angeborenen Fähigkeiten auch fremde Kinder behandeln, vielleicht etwas weniger lieben als eigene Kinder, aber dennoch lieben, so brauchbar werden die angeborenen Wünsche und Prozesse auch hier sein - aus Sicht der Natur.
3. Die Natur selbst hat für Qualität in der Kindererziehung gesorgt. (Trommelwirbel, Tusch, Trompete, Fanfare!)
4. Das "Ausgebranntsein" und die tiefe Frustration so vieler meiner Lehrer "ja, zu eurer Zeit hat das Unterrichten noch Spaß gemacht. Aber heute...." und die PISA-Studie sind mir Bewesie für eine krasse Diskrepanz zwischen dem, was Pädagogen für möglich halten, was sie sich und ihren "Kunden" versprochen haben, und dem, was sie tatsächlich erreicht haben. Das Gegenteil von Qualität (Qualität ist, wenn man dem Kunden das liefert, was man ihm zugesagt hat.) Insofern scheint der Qualitätsgedanke in der Pädagogik mehr als notwendig zu sein. Diese krasse Diskrepanz scheint mir aber nicht an den gutmeinenden Personen zu liegen, sondern an ihrem theoretischem Gebäude der Pädagogik. Das sieht danach nicht sehr so solide aus wie die Medizin von heute, sondern eher quacksalberisch.
Ein noch schlimmeres Gegenbeispiel sehe ich in den nationalsozialistischen Programmen der Erziehung der Kinder zu strammen, folter- und opferbereiten SS-Männern. In ideologischen Programmen, deren Erfinder ihre Ideologie so wichtig nahmen, daß sie sich berechtigt fühlten, andere Menschen nach dieser Vorstellung zu deren Glück zwingen zu dürfen.
Vor diesem Hintergrund habe ich die Frage gestellt: Was wollen Kindererzieher mit Hilfe eines Qualitätsmanagements denn nun besser machen als das, was Eltern, Omas, Opas, Onkel, Tanten über Jahrmillionen an Evolution offensichtlich recht zweckmäßig gemacht haben?
Und ich Ingenieur (und potentieller Familienvater mit allen dazu angeborenen Wünschen und Fähigkeiten) habe noch eine zweite Frage: Was rät mir die Fachfrau in Sachen "Kindererziehung", an welchen Merkmalen unterscheide ich eine kinderliebende Einstellung von einer ideologisch geprägten, die die Kinderliebe nur im Munde führt?
An welchen Merkmalen erkenne ich Laie den beginnenden Mißbrauch des Qualitätsgedankens zu Manipulation und Zwang?
Ich halte diese Fragestellung, diese Wachsamkeit auch für eine Lehre aus der Zeit des Nationalsozialismus. Wenn ich zustimme zu "wehret den Anfängen", dann muß ich auch fragen: "Woran erkenne ich die Anfänge denn überhaupt?"

Barbara, ich fühle schon beim Schreiben mit dem mit, was eine auf ihre Profession stolze Pädagogin bei diesen kritischen Gedanken empfinden mag. Aber sind meine Fragen, aus der Distanz gesehen, nicht zu wichtig, um tabuisiert zu werden?

Ciao
Wolfgang Horn



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